Die Relational Life Therapy (RLT)
wurde Anfang der 2000er Jahre von Terry Real begründet, einem amerikanischen Psychotherapeuten, Bestsellerautor und Pionier einer direkten, engagierten Form der Paartherapie. Er entwickelte RLT basierend auf seiner langjährigen therapeutischen Arbeit mit Männern, Paaren und Familien und als Antwort auf traditionelle therapeutische Modelle, die er zu individualzentriert und zu wenig konfrontativ im Hinblick auf destruktive Beziehungsmuster findet.
RLT (auf Deutsch etwa: Beziehungsorientierte Therapie) verbindet psychodynamische Einsichten, systemische Perspektiven, feministische Theorie und Erkenntnisse aus der Bindungsforschung. Es ist ein integrativer Ansatz, der sowohl mit der Vergangenheit als auch mit der Gegenwart arbeitet – mit den „inneren Kindern", v.a. dem „adaptive child", und dem erwachsenem Selbst, dem „wise adult", mit Verletzlichkeit, Anpassungsstrategien und Bewusstsein.
Im Zentrum steht das „Wir" – das Beziehungsfeld, in dem wir uns selbst erkennen, wachsen und heilen können, ein Raum für Ehrlichkeit, Mitgefühl und Verantwortung.
Die Haltung in RLT ist zugleich liebevoll und konfrontierend: Wir sprechen auch unliebsame Wahrheiten aus – nicht, um zu verletzen, sondern um zu befreien. Therapeut*innen sind nicht neutral im klassischen Sinne, sondern aktiv, klar und unterstützend. Sie benennen Muster, fordern heraus, lehren konkrete neue Verhaltensweisen – und tun all dies in einer Haltung von Verbundenheit und Würde („Carefrontation").
Im Fokus steht die Wiederherstellung von authentischer Intimität – die Fähigkeit, sich selbst und andere wirklich zu sehen, gehört zu werden, zu lieben und Grenzen zu setzen. Dabei wird nicht nur geheilt, was verletzt wurde, sondern gelernt, was nie gelehrt wurde: Beziehungsfähigkeit.
„Bindung ist unser Fundament.
Aber Beziehung muss auch gelernt werden –
Schritt für Schritt.“
- Terry Real

„Wahre Intimität bedeutet,
die Wahrheit mit Liebe zu sagen –
und sie mit Würde zu hören.“
- Terry Real
Die Relational Life Therapy (RLT) ist ein beziehungsorientierter, integrativer Ansatz, der durch Ehrlichkeit, Selbstverantwortung und konkrete Lernprozesse heilsame emotionale Prozesse, authentische Intimität und eine Veränderung sozialer Prägungen ermöglicht.
„Unser angepasstes Kind will Kontrolle.
Unsere* weise* Erwachsene* will Verbindung.“
- Terry Real

„Intimität ist nichts,
was uns einfach passiert –
sie ist etwas, das wir praktizieren.“
- Terry Real
Die Relational Life Therapy führt Menschen durch drei aufeinander aufbauende Phasen:
1. Erkennen, was ist
In dieser Phase geht es darum, die Beziehungsdynamiken klar zu erkennen und zu benennen: Wer tut was? Wie verhalten wir uns, wenn es eng wird? Wo entsteht ein Machtungleichgewicht, emotionaler Übergriff oder Rückzug?
Der*die Therapeut*in nimmt dabei eine aktive, direkte Rolle ein – wohlwollend und unmissverständlich. Es geht nicht darum, zu beschämen, sondern um Ehrlichkeit im Dienst der Beziehung mit sich und einander. Darum, jedem Menschen mit Wärme und Achtung zu begegnen – und ihm seine Verantwortung für konkretes Verhalten und die damit verbundenen Konsequenzen aufzuzeigen.
2. Verstehen, wo es herkommt
Nachdem das äußere Muster erkannt wurde, geht es in die Tiefe – zur inneren Welt, zu alten Wunden, kindlichen Schutzmechanismen und vergessenen Gefühlen.
In dieser Phase wird sichtbar: Viele der destruktiven Reaktionen in unseren heutigen Beziehungen sind Überlebensstrategien von früher. RLT arbeitet mit Innerer-Kind-Arbeit und Selbstempathie, um das zu entwirren, was einst nötig war – und heute nicht mehr dienlich ist.
3. Lernen, es anders zu machen
In dieser Phase wird RLT besonders praktisch: Paare lernen, wie sie respektvoll kommunizieren, wie sie Grenzen setzen, wie sie zuhören – und gehört werden. Es geht um konkrete Werkzeuge, beziehungsorientierte Verhaltensweisen, die gelernt und geübt werden: Beziehungsfähigkeiten als lernbare Praxis.
Diese drei Phasen sind kein starres Schema, sondern ein lebendiger Prozess. Sie folgen einander – und greifen auch oft ineinander. Gemeinsam bilden sie den Weg zu tiefer, wahrhaftiger Beziehung: im Kontakt mit dem eigenen Selbst, im Mitgefühl mit dem anderen, im Dienst der Verbindung.
RLT sieht Beziehungen nicht als isolierte, private Inseln, sondern als tief eingebettet in das größere soziale Gefüge, in dem wir leben. Machtverhältnisse, Rollenbilder und gesellschaftliche Normen sind nicht nur theoretischer Hintergrund, sondern wirken ganz konkret in unseren Paarbeziehungen, Familien und inneren Dialogen – etwa patriarchale Denkweisen, emotionale Ungleichgewichte, Abwertungen und Rollenerwartungen, die auf Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung oder Status beruhen.
Terry Real spricht davon, dass wir in einer „patriarchalen Kultur der Disconnection (Entfremdung, Verlust von Verbindung)" leben – einer Kultur, in der die Trennung von Gefühlen, voneinander und von uns selbst zur Normalität geworden ist. RLT arbeitet bewusst gegen diese Entfremdung an. Dabei ist die Arbeit stets doppelt gerichtet: nach innen (in die emotionale Welt des*der Einzelnen) und nach außen (in das gesellschaftliche System, das ihn*sie geprägt hat).
In RLT ist Veränderung daher nicht nur eine innere Reise, sondern auch ein Akt der Befreiung von gesellschaftlichen Konditionierungen. Wer lernt, gleichwürdige, ehrliche Beziehungen zu führen, stellt sich auch gegen eine Kultur, die oft auf Kontrolle, Konkurrenz und Anpassung beruht. Und steht ein für eine Kultur des Miteinander, die auf Augenhöhe und Verantwortungsübernahme basiert.

„Wiedergutmachung
ist das Herz der Intimität."
- Terry Real
Terry Real über Beziehung, Beziehungskompetenz und kulturelle Prägungen
(auf Englisch)
Relationship as a Spiritual Practice:
Terry Real in Conversation with Thomas Hübl
Terry Real in Conversation with Jancee Dunn on How to Fix Your Relationships
New York Times Podcast:
Why Boys and Men Are Floundering, According to Relationship Therapist Terry Real (mit Anna Martin).
Lesetipps zu RLT
(Bücher v.a. auf Englisch)
Claudia Luciak-Donsberger + Mikael Luciak:
Imago Meets Relational Life Therapy,
Imago Spiegel 36, 2025.
Stefan Gatt: Das Schweigen der Männer.
Ein persönlicher Erfahrungsbericht,
Imago Spiegel 27, 2020.

Das Buch zum Wir-Bewusstsein

Beziehungskompetenz konkret

"How Can I ..."
auf Deutsch,
leider vergriffen

Häufige Muster in heterosexuellen Beziehungen

auf Deutsch, leider vergriffen

Bestseller zu Depression bei Männern